Sonntag, 10. August 2008

Reisebericht 14 Der Nachhauseweg

Man man, es ist diesmal ganz schoen was zusammen gekommen und ich hatte mir ueberlegt diesen Bericht in 2 Teile zu legen. Aber ne.. ich schlage vor einfach die Stelle zu merken und spaeter weiterzulesen... jetzt geht's los...

Privet,

Kuck-Kuck... Kuck-Kuck, so geht es in Japan in so ziemlich jeder Stadt, weil die Ampeln Vogelgeräusche nachahmen als Blindenhilfe. Manche sind so laut, dass das Schlafen zuweilen schwer fällt.

Eine Anekdote: Beim Restaurantbesuch in Japan müssen wir mit dem Aufzug in den 5. Stock. Der Aufzug klingelt merkwürdig, obwohl wir nur zu viert drin stehen... Wer weiss, was das heissen mag? Tja, des Rätsels Lösung liegt wieder an meiner (immer noch vorhandenen) Plautze. Einer ging raus, und schon ging die Aufzugstür zu.. Hmmm, die Aufschrift hiess wohl "6 Japanese only".
Am 16. Juli habe ich den offiziellen Nachhauseweg angetreten, auf ihm geht es nur noch nach Westen. Ich muss sagen: es ist schon ein schönes Gefühl, obwohl es noch gute 3 Monate dauern wird bis dahin.

Ich war in Russland! Das Land von dem alle sagen, dass es gefaehrlich waere und die Leute unfreundlich waeren. Tatsache ist, dass alle Leute, die ich bisher kennengelernt habe, supernett sind.. Allerdings, stellt sich das erst raus, wenn man sie erstmal kennengelernt hat. Auf der Strasse und besonders in den Laeden wird man zumeist ignoriert. Es gibt Vodka ueberall und zu jeder Zeit. Die verschiedenen "Biker-Klubs" haben hier irgendwie einen besonderen Status. Am 26. bin ich mit ca. 20 anderen Bikern zu so'ner Feier gefahren. Als wir ankamen, brach ein Riesenjubel aus und alle stuermten auf die Mopeds zu. Eine endlose Zeit mit all den Maedels, die sich raekelnd auf den Mopeds fotografieren lassen, und alle wollen eine Runde gefahren werden.. puhh... zusammengenommen bin ich 28 Kilometer gefahren auf einer ca. 1km-Strecke mit wechselnden Sozias.
Biker-Klubs gibt's fast in jeder Stadt, wobei wir bisher nur 2 Staedte weit gekommen sind. Adressen habe ich aber noch viele fuer den weiteren Weg.

Noch eine Anekdote: In Vladivostok wandern wir durch die Strassen und Einer, der uns entgegen kommt, tritt auf einen Kanaldeckel, die in Russland nicht unbedingt überall passen. Tja, der Kerl steckt also mit einem Bein im Kanal, klettert raus und sagt keinen Ton. Nein, er guckt sich nicht mal um! Vielleicht macht er das jeden Tag, nur so zur Übung oder so... Ein Hinweis oder eine Absperrung oder sonst irgendeine Warnung interessierte ihn auch nicht, also stellten wir einen Pappkarton in den Weg.

08. Juli 2008 Takatshuki
Yippiehh.. heute kommt Barbara! Ich lasse mir Zeit beim Fruehstueck und schlendere Richtung Bahnhof. Irgendwie habe ich einen Bummelzug erwischt beim Umstieg in Osaka und denke, dass ich nicht mehr rechtzeitig am Flughafen ankommen werde. Doch als ich 10min zu spaet an der Empfangstuer ankomme, steht geschrieben: 90 Minuten Verspaetung fuer ihren Flug. Naja, man kann nicht immer Pech haben. Nach dieser Wartezeit kommt sie endlich, und die Freude ist gross. Mein Plan fuer heute ist einfach: Zurueck zum Hotel und irgendwann essen gehen (man muss schliesslich auf den Jet Lag Ruecksicht nehmen. Natuerlich gehen wir zu meinem, mittlerweile, Lieblings-Yakitori.
09. Juli 2008 Takatshuki
Es faellt mir schwer, fuer den heutigen Tag zu schreiben... im Prinzip machen wir nichts Spektakulaeres.. nur die Ortschaft zeigen, Geschaefte checken... einfach akklimatisieren. Abends gehen wir wieder zum Japaner um die Ecke und essen wieder leckere Sachen, deren Namen ich mir nicht merken kann. Bemerkenswert ist die Art der Begruessung, wo alle Kellner und Koeche irgendwas bruellen, wenn Jemand reinkommt, und wir voellig verwirrt Platz nehmen. Wir haben Spass beim Essen und freuen uns hier zu sein. Wir besprechen die weiteren Plaene fuer die Zeit, die Barbara in Japan verbringen wird.
10. Juli 2008 Nara
Es ist schweineheiss, und der Verkehr in Japan bringt uns ganz schoen in's Schwitzen. Es geht langsam voran, aber dies ist fuer mich keine Ueberraschung, und so beschliessen wir zum nahen Nara zu fahren, wo es jede Menge Tempel und so zu sehen gibt. Die 50km schaffen wir in 3 Stunden und, wie immer, geht die Suche nach einer Bleibe los. Schon der 2. Versuch bringt uns in ein Japanese-style Hotel mit Parkplatz, das uns zusagt. Parken ist ein Riesenthema in diesem Land, doch diesmal haben wir Glueck. Eingecheckt, und wir machen uns auf den Weg zum Touristenbuero, und werden dort mit Karten und Infos versorgt. Einen Spaziergang wollen wir unternehmen und stellen fest, dass die ganzen Attraktionen gar nicht weit weg liegen und so besichtigen wir allerlei wie Pagoden und Tempel. Der groesste Tempel hat jedoch schon geschlossen, doch wir wissen wenigstens, wo er ist fuer morgen. Die Nahrungssuche fuehrt uns heute zu einem Laden an einer grossen Kreuzung. Die bruellende Begruessung kam wieder gut, und das Essen war ganz OK. So schoen wie gestern Abend war es aber nicht. Gesaettigt schlendern wir "heim" und sitzen eine Weile an einem Teich gefuellt mit Schildkroeten.
11. Juli 2008 Nara
Im Hotel gibt es Kaffee und Kekse zum Fruehstueck, die um 9 Uhr gebracht werden. Ueberhaupt ist es in Japan recht laestig bis um 10 ggfs. auszuchecken. Wir haben jedoch 2 Naechte gebucht und koennen einigermassen beruhigt den Tag beginnen. Trotzdem werden wir gegen 10 rausgebeten zwecks Reinigung. Sightseeing ist angesagt, und wir suchen wieder die verschiedenen Tempel auf, die diesmal geoeffnet sind. Es ist recht beeindruckend, was diese Leute mit Holz so alles machen konnten/koennen. Auf dem Weg zum naechsten Tempel machen wir Rast in einem Park. Ueberall laufen Rehe herum, und ein Hirsch kommt rueber zu uns.. Nichts Boeses ahnend kommt das Tier und reisst mir meine ganzen Infoblaetter und Karten aus der Hand. Die sind jetzt unkenntlich geworden und sauer auf ein Reh ziehen wir weiter. Den Berg hinauf zum naechsten Tempel, hier setze ich diesmal aus mit dem Eintrittsgeld und warte auf der Treppe. Was ein Glueck! Es kommen nacheinander irgendwelche Koreanerinnen, Taiwanesinnen und wer-weis-von-wo noch und finden mich irgendwie toll. So werde ich oefters abgelichtet mit irgendeiner Frau im Arm. Mein Ego freut sich, und als Barbara raus kommt, strahle ich ueber alle Backen. Die Suche nach einem Restaurant bringt uns in einen kleinen Laden, der eher eine Kneipe ist. Die Chefin kocht selbst, waehrend der Chef sich um die Gaeste kuemmert. In dem Laden sitzen an der Theke neben uns 5 andere Leute, womit die Kneipe schon voll ist. Das Essen ist prima, und wir klaeren die wichtigsten Fragen mit den Anwesenden beim Kennenlernen. An den Waenden haengen verschiedene Fernseher, die an eine Musikanlage gekoppelt sind. Es kommt wie es kommen muss: Die Karaoke-Session beginnt... jeder gibt sein bestes ausser uns (zum Glueck). Der Wirt schmettert seinen Spezialsong, und es wird lustig. Die Musikart aehnelt eher Roland Kaiser und sagt uns nicht wirklich zu. Die Freude bei den Duetts ist bemerkenswert.
12. Juli 2008 Nara
Um Nara herum gibt es noch einige Anlagen zu besichtigen, und wir fahren mit dem Zug 20min zur naechsten Tempelanlage. Eine riesengrosser Park erwartet uns, und wir machen wieder jede Menge Fotos in unserem Touri-Programm. Es ist heiss wie jeck, doch Leute lernen wir nicht kennen heute. Der sagenumwobene Schatz ist heute nicht verfuegbar, und wir machen uns wieder auf den Weg zurueck. In Japan ist Essen immer eine Sache, die erwaehenswert ist, und so berichte ich jetzt ueber das Mittagsessen in einem Laden, wo an den Seitentischen die japanischen Kniepositionen angenommen werden, und in der Mitte die Touristentische/Stuehle stehen. Keiner versteht den Anderen bei der Bestellung, und wir sind gespannt, welches Essen wir bekommen.
In Nara wieder angekommen schlendern wir zurueck zum Hotel und bereiten uns wieder auf die naechste Nahrungssuche vor. Man kann nicht immer Glueck haben und landen diesmal in einem Laden der zwar Okonomiyaki hat aber nict schmeckt.. ich weis auch nicht.. naja..
13. Juli 2008 Nara
Wir haben ueberhaupt keine Lust durch die Hitze und den Verkehr zum naechsten Ort zu fahren um wieder noch mehr Tempel zu sehen, so bleiben wir hier und suchen Souveniers fuer die Verwandschaft zuhause. Wir lieben die Art, wie japanische Verkaeufer arbeiten mit ihrer hoeflichen Art. Sie laufen tatsaechlich vom Lager und zurueck um das Gewuenschte zu bringen. Natuerlich gehoert eine Verbeugung zu jeder Handlung. Mittlerweile habe ich mir die Art des Verbeugens angewoehnt, die mir sehr gefaellt. Zwischendurch landen wir in einem japanischen Burgerladen und klimatisiertem Cafe und geniessen den Tag. Die einzige wirkliche Aufgabe fuer heute ist der Umzug von unserer Pension zu einem Hotel in der Stadt, aus irgendeinem Grund, den wir nicht verstanden haben. In einem relativ schicken Laden essen wir irgendwas, das wirklich lecker aussieht, aber nicht ist.. es geht hier um eine Art Kartoffelbrei-Pampe, die wie ein Kloss aussieht mit einer darueber gegossenen Sosse. Billig war's auch nicht.. nicht ganz zufrieden geht der Tag zu Ende.
14. Juli 2008 Takatsuki
Die Quaelerei auf dem Motorrad ersparen wir Barbara, und sie nimmt einen Zug ueber Kyoto zurueck nach Takatsuki. Laut Plan sollte sie auch schneller dasein und kann dabei die Zeit nutzen einen Blick auf Kyoto zu werfen. Tatasaechlich bin ich in einer Stunde wieder im Ort und verbringe die Zeit in meinem mittlerweile Lieblings-Burgerladen. Ein paar Colas weiter kommt Barbara schon eingetrudelt. Sie hat den weltraumstationaehnlichen Bahnhof von Kyoto bewundert und besichtigt. ...finde ich cool und ist eine willkommene Abwechslung gegenueber all diesen alten Holztempeln und Pagoden. Das Verhalten der Japaner bei alltaeglichen Taetigkeiten, wie z.B. auf den Bus warten oder einkaufen, ist fuer uns immer sehenswert, wie hoeflich und dizipliniert man sein kann. Die restlichen Souveniers und Schuhe muessen unbedingt noch gekauft werden, und ich muss noch, auf jeden Fall, die 1-Dollar-Laeden erwaehnen, die sehr beliebt in Japan sind. Die Idee, dass alles im Laden 1 Dollar kosten soll, ist prima, jedoch ist es nicht so, und ich wundere mich ueber die Rechnung an der Kasse. Abends machen wir keine Experimente und kehren im Yakitori ein, wo's auf jeden Fall immer prima ist. Jede Menge Fleischspiesschen und Bier... mmhh.
Mit Eric gehen wir in eineKneipe zum Abschluss von Barbara's Japanbesuch.
15. Juli 2008 Takatsuki
Wie schnell die Zeit vergeht.. Ich habe das Gefuehl, als waere Barbara gestern erst angekommen, und nu muss sie schon wieder gehen. Diesesmal wissen wir nicht, wann wir uns wiedersehen werden, weil ich viele Kilometer runterrasseln werde und nicht vorher bestimmen kann, wann ich wo sein werde. Der Plan sieht vor, dass ich anfang Oktober die slowakische Grenze queren werde und wir uns irgendwo in Tschechien oder so treffen um gemeinsam nach Hause zu fahren. Nur.. 3 Monate? oh wei..
Abschied am Flughafen....
Nachdenklich und traurig mache ich mich wieder auf den Weg zurueck zum Hotel..
Eric, Paul und ich treffen uns beim Bier des Abends und erzaehlen bis ganz spaet. Wieder Abschied von neuen Freunden, denn morgen geht's weiter Richtung Norden.
16. Juli 2008 Zelten irgendwo
2 Tage habe ich Zeit bis zum Hafen zu kommen und donnere los auf jeder Menge kleinerer Strassen, die allesamt durch die Berge fuehren. Es macht Spass zu fahren, und weil ich alleine bin, werde ich nirgendwo abgelenkt und bin mit meinen Gedanken gut beschaeftigt. Ausser dem Fahrspass und den vielen Eindruecken, als ich die vielen Seen, Fluesse und Waelder passiere, gibt es nichts zu erzaehlen.. ausser vielleicht.. oh ja! Wie komme ich wieder hierher? Wie teuer mag ein Transport wohl sein? Wie teuer ist ein Motorradverleih? Wann kann ich das ermoeglichen? Ihr merkt schon.. neben Deutschland ist Japan mein Lieblingsland geworden!
Ein Platz zum Zelten ist nicht schwer zu finden und der Tag geht zu Ende - alleine dasitzend an einem See in einem Wald vollgepackt mit Gedanken.
17. Juli 2008 Takaoka
Den kleinen "weissen" Strassen folgend bekomme ich es sogar mit ein wenig Offroad zu tun. Ich verfranse mich des oefteren in verschiedenen Sackgassen, die zu verschiedenen Skigebieten fuehren, wo im Sommer kein Mensch ist. Ich kann gar nicht genug bekommen und halte sehr oft an, rauche und geniesse die Gegend. Irgendwann komme ich wieder in die Stadtgegend und quaele mich durch den Verkehr bis nach Takaoka, wo die Schiffsfahrscheine verkauft werden. Ein Hotel ist direkt neben dem Laden und ich checke ein. Kaufe das Ticket fuer die Faehre und schlendere durch die Stadt. Ich komme nicht weit, denn es ist viel zu heiss um sich zu Fuss zu bewegen. Bis mein Zimmer frei ist, lese ich ein Buch an der Bushaltestelle und spreche mit einigen neugierigen Leuten, die auf den Bussen warten. Es gibt um die Ecke einen McDonalds, dem ich mich nicht verweigere und verbringe den Rest des Abends im Internet, das es kostenfrei im Hotel gibt.
18. Juli 2008 Auf der Fähre
Die schlappen 15Km bis zum Hafengelaende sind schnell ueberwunden, zumal ich mir die Koordinaten aus Googlemaps gezogen habe. Bei der Verschiffungsfirma lerne ich Simon und Laura kennen, die seit einem Jahr in Japan als Englisch-Lehrer arbeiten. Sie haben sich vorgenommen zu zweit auf einer SR500 nach England zu fahren ..Respekt! Ein Carnet haben sie nicht, und die Behoerden wollen noch einen Schein, den sie nicht haben.. hmm.. Sie denken ueber Alternativen nach... Natascha und Brendon kommen ebenfalls auf dem Weg nach England auf einer 1150GS. Shinoko (Japaner) kommt mit einer 1200GS und gemeinsam maschieren wir zum Zoll. Wir berappen umgerechnet 50 Dollar fuer irgendwas und zum ersten Mal fuehle ich mich betuppt in Japan. Auf der Faehre beziehe ich ein 4-Bett-Zimmer und bin allerdings alleine (fuer eine Weile). Es gibt schon Mittagessen, obwohl die Faehre noch 4 Stunden anliegt. Das Boot auskundschaften und wir finden die Bar, die zwar geschlossen ist, doch ein Bier bekommen wir trotzdem. Irgendwann werden die Mopeds zusammen mit den anderen Hunderschaften an Fahrzeugen verladen und das Boot legt ab. Es gibt Abendessen.. ach ja, das Essen.. es ist russisches Essen mit viel Fett und Fleisch und zum ersten Mal wieder Knoblauch seit langem. Mir hat's geschmeckt. Und die Mengen! Die Bar oeffnet und ich schliesse Kontakt mit einer russischen Tanzgruppe, deren Mitglieder sehr neugierig sind ueber die Tour. Alle sind erpicht darauf englisch zu sprechen. Zum ersten Mal werde ich mit Vodka konfrontiert und schaffe es in Grenzen zu bleiben. Zwischenzeitlich bekomme ich einen Zimmerkumpan, der ebenfalls die Welt mit dem Motorrad bereisen will. Es ist Ike, der mit einer 1500 Harley unterwegs ist. Sein Ziel: bis Suedafrika in 6 Monaten.. Diese Japaner haben wirklich ehrgeizige Ziele!
19. Juli 2008 Auf der Fähre
Es hat sich eine Gruppe gebildet von einigen Leuten, die alle irgendwo aus dem Westen kommen und unter sich bleiben. Es braucht seine Zeit, bis man die Lebensgeschichten ausgetauscht hat, und entspannt verbringen wir den Tag im Aufenthaltsraum und hangeln uns von Essen zu Essen. Das Bemerkenswerteste an diesem Tag sind die Blusen der russischen Kellnerinnen, die ziemlich tief blicken lassen. Und ueberhaupt.. wenn man asiatische Koerperformen gewohnt ist, gibt's, sozusagen, viel zu sehen.
Einige haben es mit der Seekrankheit zu tun, doch gluecklicherweise werde ich verschont. Am abend das Gleiche wie gestern.
20. Juli 2008 Vladivostok
Gegen 9 legen wir an, obwohl ich nichts davon merke im Schlaf.. Vladivostok liegt bekanntlich westlicher als Japan, und man sollte meinen, dass die Uhr rueckwaerts gedreht werden soll. Weit gefehlt! Die Uhr wird um 2 Stunden VORgestellt. Der Nachteil liegt in der Verbindung nachhause, aber der Vorteil liegt klar auf der Hand: Waehrend der Japaner es lieber morgens hell hat, mag der Russe es lieber abends.. ich auch! Heute ist Sonntag, und es ist nicht damit zu rechnen, dass irgendeine Behoerde Dienst hat, und so wird es sicher bis morgen dauern, bis wir unsere Mopeds bekommen. Vladivostok liegt auf Huegeln, und wir schleppen unser Gepaeck rauf und runter, bis wir ein Hotel finden. Durch meinen Zimmerkumpan Ike lerne ich Shin naeher kennen, und zu dritt ziehen wir durch die Stadt und kundschaften die Gegend aus. Insbesondere die Zollstelle, damit wir morgen Zeit sparen. Im Hotel Forier gibt's Wi-Fi for free, und so sitze ich da mit meinem Laptop, waehrend Unmengen an Chinesen rein und raus gehen. Sie scheuen sich nicht ziemlich nahe zu kommen und auf meinen Schirm zu starren. Des oefteren werde ich angesprochen, ob ich russische oder chinesische Frauen bevorzuge. Ist ja interessant. Mit der Aussage, dass deutsche Frauen die besten waeren, ernte ich Grinsen..
21. Juli 2008 Vladivostok
Als erstes zur Zollstelle, dort dauert es den ganzen Tag bis wir soweit sind und die Papiere einermassen fertig haben. Auch hier sind die Uniformen der Beamtinnen bemerkenswert mit ihren Miniroecken und offenen Blusen. Alle reden von Hilfe fuer Russland.. ich denke, ich werde ein Paar Knoepfe spenden, damit diese armen Frauen ihre Moepse wieder bedecken koennen.
Mit Hilfe von einem jungen Beamten, der supernett alles erledigt hat mit Versicherung und Polizeibestaetigungen, bin ich bereit fuer das Lager.. Leider macht das Lager in 10 Minuten zu und ist noch 15Km entfernt. Na dann, morgen geht's weiter. Es ist schlechtes Wetter, und da fahre ich eh' nirgends hin.
Am Hotel kommt eine Gruppe Hollaender an mit 7 Motorraedern, die innerhalb von 5 Wochen 15000Km gefahren sind. Sie wollen ihre Mopeds in den Zug verfrachten und nachhause fliegen. Mir ist nicht klar wieso, aber das wird sich aendern!
Wir treffen uns wieder mit allen Mann und suchen ein Restaurant. Mittlerweile ist es so spaet, dass es nicht einfach ist. Wir landen in einem Laden, der sehr gutes, fettiges Essen macht, und ich werde erstmalig wieder mehr als 30 Euro fuer ein Mahl los.
22. Juli 2008 Vladivostok
Im stroemenden Regen gehe ich morgens zum Lagerhaus und schon nach 3 Stunden bekomme ich meine AT. Zurueck zum Hotel rede ich noch eine Weile mit den Hollaendern, bis Ike und Shin wieder kommen. Der Himmel klaert sich und Ike beschliesst heute noch loszufahren.. klar bei seinem Plan! Mit einer Gruppe von 8 Leuten besichtigen wir die Stadt auf der Suche nach einem Russisch/Englisch Woerterbuch. Lebensmittel fuer die naechsten Tage kaufe ich auch ein. Es gibt eine Art Volksfest am Ufer und irgendwo im Ozean ueben die Militaers mit ihren Bordkanonen. Wie es immer so ist in einer Gruppe, lernen wir keine Einheimischen kennen und irgendwann kehren wir in einem Selbstbedienungsrestaurant ein. Es ist zwar Abschiedszeit fuer alle, doch so richtige Feierstimmung kommt nicht auf. Shin und ich beschliessen zusammen zu fahren, zumal wir den gleichen Weg haben.
23. Juli 2008 Zelten
Zeitig kommen wir los bei schoenstem Wetter. Wir donnern entlang der Schnellstrassen und biegen ab zu einem Besuch bei den "Iron tigers", dem hiesigen Motorrad-Klub, von dem ich schon so viel gelesen und gehoert habe. In der Tat, freundlicher kann man nicht sein, so werden wir behandelt und sehen uns im Laden um. Anwesend sind noch ein paar Australier (auf Africa Twins) und ein Brasilianer auf einer kaputten XT600. Vollgepackt mit Adressen und Telefonnummern ziehen wir weiter. Es geht asphaltiert gen Norden. Wir fahren und fahren. Die Landschaft macht den Eindruck, als wenn das gesamte, ehemals chinesische, Gebiet Sumpfgelaende waere. Ich bin mir nicht sicher, denn es hatte ja geregnet die letzten Tage. Als wir einige hundert Kilometer hinter uns gebracht hatten, biege ich in einen Feldweg ein auf der Suche nach einem Platz zum Zelten. Ich beginne mir Sorgen zu machen ob ich mir den richtigen Reisepartner ausgesucht habe, denn Shin faellt auf 300m Gelaende 5 mal um. Natuerlich bekommt er die Maschine nicht alleine hoch, und das 4. und 5. Mal werden laestig. Meine Sorge wird bestaerkt, als er mir klar macht, dass er keinerlei Proviant oder gar Wasser dabei hat.
24. Juli 2008 Khabarovsk
Wie gestern geht's heute weiter den Asphalt entlang. Die Landschaft aendert sich kaum, und die Temperaturen liegen bei etwa 30 Grad. Wir kommen eigentlich ganz gut voran, nur 2 Stuerze beim Rasten seitens Shin. Seine nagelneue 1200GS bekommt immer mehr Kratzer und Schrammen. Seine Kofferbefestigung bricht ab, und die erste Improvisation findet statt, waehrend mir immer klarer wird, wie froh ich bin mit meiner AT. In einem kleinen Ort am Weg kaufen wir Wurst, Kaese und Brot ein und machen Picknick an einem Spielplatz im Schatten. Es ist ganz nett. Wir donnern weiter los Richtung Khabarovsk. Dort angekommen suchen wir ein Hotel und werden schnell fuendig. Doch jetzt kommen die russischen Probleme, die keiner mehr versteht: Das Hotel will eine Registrierung sehen, die wir nur von den anderen Hotels bekommen. Beim Campen gibt's natuerlich keine Registrierung. Die Frau im Hotel sieht sich ausserstande uns helfen zu koennen und auf meine Frage, ob wir die Ersten mit diesem Problem waeren, sagt sie "nein, es kaeme oft vor". Doch helfen kann sie trotzdem nicht. Meine ganzen Ueberredungskuenste habe ich aufwenden muessen um sie an die Strippe zu kriegen, damit wir irgendein Hotel finden. Es stellt sich heraus, dass es nur ein Hotel gibt, das in der Lage ist Gaeste aufzunehmen und neue Registrierungen auszustellen. Was ein Krampf.. Das ist natuerlich das teuerste Hotel, und selbst diese Leute konnten mir nicht erklaeren, wofuer diese Registrierung nun gut sei. Im Zuge dessen kommt Ruslan vorbei und erkundigt sich, ob er helfen kann. Er ist ein Einheimischer, der Motorradreisende aus dem Westen interessant findet. Er kann in der Tat helfen und regelt die Angelegenheit im Hotel Khabarovsk. Wir verabreden uns fuer morgen und beziehen unser teures Zimmer. Natuerlich gibt's keinen Aufzug und schleppen uns ab, bis in den 5. Stock. Heute passiert nichts mehr ausser der noetigen Dusche nach 2 Tagen fahren in der Hitze.
25. Juli 2008 Khabarovsk
Ruslan holt uns vom Hotel ab und notiert sich, was wir heute tun wollen... also erst zur Bank, dann zum Outdoorladen (Moskito-Creme und Luftpumpe). Shin laden wir in einem Internetcafe ab und wir fahren zu Ruslan's "Box". Dort hat er eine Werkstatt und seine ganzen Mopeds. Sein Opa will unbedingt mit mir Messer und Aexte werfen und ich werde mit Vodka und Buttermilch abgefuellt. Ruslan ist begeistert von meinen Bildern und Geschichten, und die Zeit vergeht schnell. Gegen 17 Uhr holen wir Shin ab und gehen essen. Ruslan hat einen Motorrad-Klub ausfindig gemacht, wo wir kostenlos uebernachten koennen. Dort hin und wir werden einigermassen gleichgueltig empfangen. Ausser Ruslan spricht keiner Englisch, und als er uns verlaesst, wird's ziemlich schweigsam. Es sieht aus, als wenn der Abend ziemlich ruhig wird.. however, bald kommen einige Leute vorbei. Shin holt ein paar Bier an der Tanke und wir erzaehlen viel. Es gibt einige Leute die auf die Nazi-Zeit abfahren, so ist z.B. einer dabei, der sein ganzes Leben darauf einrichtet. Er traegt einen Wehrmachtsuniform und faehrt eine 1945er BMW. Sogar sein Handy-Klingelton ist mit "Schwarz-Braun ist die Haselnuss..." erkennbar. Die Maedels sind irgendwie wild auf's fotografiert werden, und ich werde einige Male abgelichtet. Wir erzaehlen und trinken.. irgendwann ist Shin weg, doch schlimm kann's nicht sein. Viel spaeter gehen die ganzen Leute wieder.
26. Juli 2008 Khabarovsk
Gegen 7 wache ich auf um den "traditional-WC" zu nutzen und sehe immer noch Leute sitzen und trinken. Oh mann! Mein Kopf ist nicht ganz wohl, also lege ich mich wieder hin. Gegen 10 stehe ich auf und muss mich vorsichtig bewegen, weil ueberall Leute liegen und schlafen. Es dauert eine Weile, und ich finde auch Shin wieder, ich hatte bis dahin ziemliche Sorgen.
Der weitere Morgen verlaeuft ganz ruhig, und Shin macht sich auf den Weg zu einem Internetanschluss. Anatoli (Klubpraesident) zeigt mir seine Werkstatt, wo er noch ein bisschen schrauben muss fuer die heutige Fahrt. Gegen 17 Uhr kommt ein Haufen Leute an mit ihren Mopeds (meistens Riesenteile, Chopper). Ich werde eingeladen zu einer Tour zu einem Festival. 30 Minuten spaeter werden wir jubelnd empfangen. Die Jungs machen irgend'n Spiel, wo es darum geht mit einem Stiefel Wasserflaschen waehrend der Fahrt umzuschmeissen. Alle fahren voll drauf ab, nur ich sehe keinen Sinn...hmm. Ich lerne einen Haufen Leute kennen und fahre noch einen Freund zu einem anderen Freund um Ersatzteile fuer seine 1945er BMW zu besorgen. Dieser Freund hat die ganze Werkstatt und sein Haus voller antiker Fahrzeuge und Gegenstaende. Nach einem Tee und einem uralten Schallplattensong ziehen wir wieder zum Fest. Nach kurzer Zeit wieder zurueck zum Klubhaus. Dort wird der Tisch vollgestellt mit Wurst, Bier und Vodka. Ich werde wieder gebeten meine Bilder zu zeigen, und dieses Mal kann ich mehr erzaehlen, weil Alex gut englisch spricht zum uebersetzen. Einer packt die Klampfe aus, und es wird lauthals gesungen. Es ist ziemlich schoen! Alex ist der Meinung, ich sollte zu einer anderen Feier hinterher mitkommen, das tun wir auch. Irgendwo in einem Garagenhof sitzen wir dann spaeter, und es kommen einige Leute zusammen (wieder einer mit Gitarre, doch diesmal haben wir eine ziemlich gute Saengerin). Mehr Bier und noch mehr Vodka, wogegen diese Leute scheinbar immun sind. Ich bin's jedenfalls nicht und mein Film reisst irgendwann...
27. Juli 2008 Khabarovsk
Gegen 11 wache ich auf in einer fremden Wohnung von einem der Gaeste und versuche erstmal zu rekapitulieren, was wann passiert ist. Mein Gewissen plagt mich, weil Shin gar nicht weiss, wo ich bin und wir eigentlich heute Morgen weiterfahren wollten. Alex faehrt mich zum Klub zurueck, wo Shin sagt, dass er auch noch einen Tag hier bleiben moechte. Den heissen Tag verbringe ich ruhig und nutze die Zeit diesen Bericht zu schreiben.
Bemerkenswert ist vielleicht, dass es hier einige Jungs gibt, die scheinbar hier im Klubhaus wohnen. Dauernd fragen sie nach Kippen und Essen.. ist nicht schlimm und haelt sich in Grenzen. Mit Shin fuehre ich ein ernstes Gespraech, dass ich seine 350Kg Maschine fuer ein bisschen schwer halte fuer einen 52Kg Mann. Er sollte vielleicht lieber nachhause und das Fahrzeug wechseln, solange er nicht so weit weg ist von Japan.
28. Juli 2008 Camp 2008-07-28
Der Abschied verlief ganz entspannt, weil ausser dem Praesus keiner da war. Der Weg aus der Stadt ist schnell gefunden und eine autobahnaehnliche Strasse fuehrt uns Richtung Westen. Es kommt, wie es kommen muss, und der Schotter beginnt. Zunaechst ist es ungewohnt und meine Vorderachse fuehlt sich an, als wenn sie lose waere. Das Gefuehl kenne ich aber zur Genuege aus Namibia und ich gebe solange Gas, bis sich ein stabiles Verhalten zeigt. Shin hat noch Schwierigkeiten, und ich glaube, dass er sie behalten wird fuer eine Weile, bis er es lernt. Mir ist gar nicht nach Mitleid nach meiner Argumentation von gestern.
Zu Mittag finden wir einen Laden mit wieder ganz netten Leuten, wo das Essen auch prima schmeckt. Weiter die Piste entlang bis wir abends einen Platz zum Zelten finden. Kochen-Essen-Schlafen... das war's.
29. Juli 2008 Camp 2008-07-29
Wieder ein Morgen mit Fliegen, Muecken und Bienen, die einem komplett auf die Nerven fallen beim Packen. Schoen ist immer wieder die Wartezeit, bis das Aussenzelt trocken ist, das vom Kondenswasser innen durchnaesst ist. Die Schotterpiste wird besser und wieder schlechter. Ich mache ein ganz gutes Tempo, doch Shin ist noch unsicher auf seiner schweren Maschine. So vergroessert sich der Abstand zwischen uns beiden und meine Mittagspause wird zum Aufholen genutzt. Bloed ist, dass Shin auch mal was essen muss. Ich habe also 2 Mittagspausen hintereinander.. Es geht weiter und weiter die LKWs ueberholend, die immer wieder riesige Staubwolken erzeugen und die Sicht gegen Null gehen lassen. Abgesehen davon, habe ich Staub und Dreck so ueberall in den Klamotten und im Gesicht. Ein Stueck im Wald (abseits der Strasse) finde ich einen netten Platz zum Zelten. Nach 90 Minuten fange ich Shin ab und leite ihn zum Platz. Es ist schweineheiss im Zelt, doch draussen lauern Milliarden von Insekten, und so heisst es: ganz ruhig liegen bleiben, bis das Schwitzen ein Ende nimmt. Meine Bettwaesche ist voellig durchnaesst aber immernoch besser als Kleinviecher im Gesicht zu haben.
30. Juli 2008 Skovorodino
Das Camp abgebaut und wieder auf die Schotterpisten Russlands. Der Strassenzustand verschlimmert sich und der Abstand zu Shin vergroessert sich ebenfalls. Ich halte zum Mittagessen und denke, dass er wohl irgendwann kommen wird. Er kommt aber nicht. Naja, ich habe nun wirklich keine Lust mehr staending zu warten und donnere wieder los. Nach etwa einer Stunde mache ich wieder meine obligatorische 100km-Raucherpause. Leute halten an und erzaehlen mir von einem Motorradunfall etwa 10 Kilometer zurueck... es geht um eine BMW, die sich scheinbar ueberschlagen hat. Oh wei... Es waren tatsaechlich 30Km zurueck, bis ich Shin gefunden habe, mutterseelenalleine neben seiner Maschine stehend. Auf den ersten und zweiten Blick sieht er ganz Ok aus, bis auf ein paar kleinere Schrammen. Seine Frage: "Did you see what happened?" macht mich stutzig, als er doch gerade sah, wie ich erst ankam..
"When did you come?" war die naechste Frage. Dann: "What about the bike?". Ich zeige ihm den Schaden, in dem ich mit dem Hinterrad herumwedele (Einarmschwinge = nicht gut). Sein "Oh my God" schockte ihn ziemlich. Etwa 30 Sekunden spaeter kam die Frage: "Did you see what happened?" dann, "When did you come?" usw. Da erlebe ich zum ersten Mal, was es heisst, wenn man partiell seine Erinerung verliert. Es ist so, als wenn der interne ROM voellig intakt, doch der RAM ausser Kontrolle ist. Mit einem vorangehenden "I'm getting clear now" werde ich mit diesen 3 Fragen noch ca. 150 mal konfrontiert im Laufe des Tages. Shin's Pass, Kreditkarten und Bargeld sichere ich als erstes und versuche mit Kuehlung den Schock zu mildern. Autos halten und wir lernen Alexander und Dina kennen. Zwei absolut super Typen aus Ulan Ude, die uns zur Seite stehen und alle LKWs anhalten fuer einen "lift". Irgendwann bekommen wir tatsaechlich einen zu fassen, der gegen 300 Rubel das Motorrad bis zur naechsten Stadt (Sovorodino) mitnimmt.
An dem einzigen Hotel im Ort treffen wir wieder Simon & Laura (bekannt von der Faehre nach Vladivostok). Waehrend ich das Hotel klar mache, macht Alexander eine Werkstatt klar und zieht schnell dahin mit dem LKW. Als ich aus dem Hotel komme, sind alle weg, und spaeter sehe ich den LKW-Fahrer freundlich winkend leer vorbeifahren. Alexander und Dina kommen mit Shin und seinen Koffern zurueck. Doch es fehlt seine Rolle! Keiner kann sich erinnern, wo sie geblieben sein kann.. Shin schon gar nicht, er ist noch immer mit seinen 3 Fragen beschaeftigt. Tja, diese Rolle samt Spiegelreflex und Mini-PC sind wohl unterwegs nach ..hmm irgendwo in Russland. Auf die Frage, ob und wer den Fahrer bezahlt hat, kann mir auch keiner eine Antwort geben. Ich bin heil froh, dass ich seine Papiere habe!
Laura's Idee Shin mit irgendwelchen Fragen aus der Vergangenheit von diesen verflixten 3 Fragen abzulenken muendet in einem Restaurantbesuch um die Ecke, wobei der Vodka wieder nur so fliesst..(aber nicht fuer Shin!)
31. Juli 2008 Skovorodino
Weil es nur in unserem Zimmer einen Wasserkocher gibt, ist Simon relativ frueh da und schluerft mit mir einen Kaffee. Shin wacht auf und seine erste Frage lautet: "Did you see what happened?" ..oh man, geht das wieder los? Jedenfalls erklaere ich ihm wieder, was passiert ist und das Wunder geschieht.. er reagiert auf die Antwort und stellt zusammenhaengend die naechste Frage. Wir stellen fest, dass sein RAM scheinbar wieder in Gang ist, und wir sind heilfroh, dass das Schlimmste vorbei ist. In der Werkstatt sieht er dann bewusst das Ausmass des Schadens, und der mittlerweile genervte Monteur will wissen, was nun geschehen soll. Shin sieht sich ausserstande irgendeine Entscheidung zu treffen. Als genuegend Zeit verging und uns die Nerven vibrierten, entschied ich ueber die naechsten Schritte. Es gibt eine Werkstatt im Ort, die Guss schweissen kann, und verschiedene Oeldruckbehaelter fuer die Kupplung finden wir auch. Waehrend des Schweissens untersuche ich den Motor, der einen Haarriss im Zylinderkopf zeigt, doch fuer Kurzbelastungen Ok zu sein scheint. Somit koennen wir das Motorrad von alleine bewegen und sind nicht mehr auf LKWs angewiesen... so der Plan.
Hinterher mache ich meine dringend gewordene Waesche und bewache die Waescheleine, bis es trocken ist. Dabei lerne ich die Kellnerinnen vom Restaurant kennen, die aber nicht wirklich prickelnd sind..
Nachmittags kommt die Polizei vorbei in Begleitung einer ehemaligen Englischlehrerin. Shin's Aussagen vom gestrigen Tag sind voellig wertfrei und somit haenge ich wieder fuer einige Stunden mit diesen Leuten zusammen. Bei der Gelegenheit bekomme ich Einblick in die ehemaligen Schulstrukturen von Russland, sozusagen aus erster Hand. Hinzu kommt der Verlust seiner "Tube-bag", wofuer wir eine Anzeige aufgeben, damit die Versicherung den Schaden uebernimmt.
Spaetabends ein Verzaell im Zimmer und der Tag geht zu Ende.
01. August 2008 Skovorodino
Beim Fruehstueck kann ich mich nicht mehr bremsen und verpasse Shin eine Kopfwaesche! Es ist mir schlichtweg unbegreiflich, wie so ein Mensch solch eine Tour mit solcher Ausruestung unternehmen kann. Ich mache ihm klar, dass er im Prinzip nichts besseres machen kann als nachhause zu fahren und sich die ganze Sache noch mal zu ueberlegen. Meine Argumentation, dass er in Afrika womoeglich gar nicht ueberleben wuerde, hat ihn nicht wirklich ueberzeugt. Dafuer, dass er sein Gesicht wahren koennte, wenn er mit Stolz erklaert, dass er diese Reise wenigstens versucht hat, waehrend der Durchschnittsjapaner nicht einmal das schafft... hat gezogen. Wir fahren zur Werkstatt und finden seine GS einigermassen in Funktion. Die Schwinge ist geschweisst und die Hydraulische Kupplung geht auch russisch-zuverlaessig. Hinterher faehrt Shin zum Bahnhof um die Verbindung nach Vladivostok zu klaeren. Ich verabschiede mich von Simon und Laura, die sich ebenfalls auf den Weg machen. Den Rest vom Tag versuche ich zu lesen und vielleicht zu schreiben.. dies geht aber nicht, weil dauernd irgendwer ins Zimmer kommt mit einer Flasche Bier oder Vodka. Es ist nicht einfach diese Leute abzuschuetteln, bis einer vom Bahnhof kommt und mich fragt, was Shin eigentlich tun soll und will. Jetzt wird's mir zu laestig und ich verpasse diesen Menschen eine Abfuhr mit der Aussage, dass es not my business waere, und ich keinerlei Entscheidungsgewalt haette. In der Hotelkueche koche ich was zum Essen, weil das Restaurant heute voll belegt ist. Dort kommen irgendwelche Leute, die uns wieder abfuellen wollen und uns irgendwelche ekeligen fetten Frauen aufdruecken wollen fuer angeblich wenig Geld.. Ein bisschen komisch sind diese Leute, oder? Relativ schnell habe ich die Faxen dicke und wir verziehen uns auf's Zimmer.
02. August 2008 Camp 2008-08-02
Shin muss frueh aufstehen um seinen Motorradtransport zu organisieren. Wir verabschieden uns mit vielen Glueckwuenschen, und ich bin sehr froh, dass er sich auf den Nachhauseweg macht. Kaum bin ich alleine unterwegs, schon steigert sich meine Geschwindigkeit erheblich. Ich denke, ich spule viele Kilometer heute, doch irgendwie ist heute Motorradtag. Ich treffe verschiedene Tourer, die allesamt unterwegs nach Vladivostok sind. Bemerkenswert sind Dieter und Reinhard aus Deutschland, die mit selbstgebauten Maschinen (u.a. einer Diesel) unterwegs sind und.. Sergej aus Samara, der mich mit Unmengen von Telefonnummern versorgt aus all den Staedten, die noch vor mir liegen.
Ein Mittagessen auf einem der vielen Rastplaetze und abends suche ich wieder einen geeignten Zeltplatz.
03. August 2008 Cita
Voellig unspektakulaer stehe ich auf und fahre weiter. Der Schotter hoert sogar bald auf und ich komme schneller voran. In Cita verfolge ich meinen Wegpunkt Richtung einem Hotel. Unterwegs werde ich von verschiedenen Motorradfahrern angesprochen und spaeter zu verschiedenen Hotels geleitet. Die meisten haben geschlossen, bis wir an einem Hotel landen, das mir zusagt. Im Restaurant nebenan ist ein Aufkleber mit "Free-Wi-Fi".. OK! Beim Auspacken werde ich von einem Haufen Leute angesprochen, die mich zu einer Geburtstagsparty im Restaurant einladen. Schnell geduscht und schon klopft es an der Tuer: Wo ich denn so lange bliebe? Es war eine merkwuerdige Angelegenheit die irgendwie mit einem neuen Geschaeftsabschluss mit einer Chinesischen Delegation zu tun hat. Wir essen und prosten uns zu, was das Zeug haelt, und bald gehe ich vor die Tuer um zu rauchen. Dort treffe ich auf zwei junge Ingenieure aus Moskau. Einer davon hat ein blaues Auge und verschiedene Blessuren. Er erzaehlt vom gestrigen Abend, an dem er hier auf dem Parkplatz von 5 Maennern ueberfallen wurde und um 4000US$ erleichtert wurde. Das "Geburtstagskind" kommt hinzu und hoert sich die Geschichte an mit 5 seiner Freunde. Irgendwie wird er schlagartig krakelig und schlaegt nur noch um sich, verpasst dem armen Moskauer noch ein paar Tritte, bis sie panikartig das Weite suchen. Es stellt sich raus, dass dieses "Geburtstagskind" irgendwie zur Cita-Mafia gehoert und sich beim Boxen die Hirse dauerhaft geschaedigt hat. Ich jedenfalls habe meine Bedenken, denn Abhauen waere das beste fuer mich.. doch hatte ich gerade von seinem Essen und von seinem Vodka getrunken.. waer' was unhoeflich jetzt zu gehen, oder? Mein Vertrauter (aus diesem Kreis) raet mir ebenfalls zur Flucht, und nachdem ich herzhaft gaehne, erwaehne ich, wie muede ich doch bin und verziehe mich in's Zimmer. Bald klopft es wieder an der Tuer und Andre (Vertrauter) kommt mit seiner Frau und einer Flasche Wein hinein. Wir erzaehlen, bis die Flasche leer ist und gehen dann endlich schlafen.
Man kann nicht nur Glueck haben, und ich beschliesse desen Ort morgen frueh zu verlassen. Uebrigens, es gab kein Wi-Fi!!
04. August 2008 Camp 2008-08-04
Die Strasse ist geteert, die Gegend gibt nicht viel zum Erzaehlen her und ich rolle, im Prinzip nur Kilometer ab. Recht frueh komme ich in die Naehe von Ulan Ude und beschliesse weiter Geld zu sparen und lieber vor der Stadt zu zelten. Ich werde fuendig in einem Wald mit Feuerstelle. Dieser Platz ist einfach ideal! Es gibt Tuetensuppe mit Nudeln und Thunfisch, was irgendwie viel zu salzig wird.. Was kann ich noch erzaehlen?
05. August 2008 Ulan Ude
Wieder ein Morgen alleine am Zelt. Kaffee gemacht, Haferflocken gegessen und almaehlich mache ich mich auf zu den restlichen 70Km bis Ulan Ude. Dort angekommen ist der mir beschriebene Internetladen geschlossen. Bankautomaten gibt's zur Genuege. Eine angesprochene Natascha ruft auf mein Bitten hin Alexander an (Unfallhilfe). Eine Stunde mit Natascha geschwatzt und schon kommt Alexander und Dina. Wir erzaehlen wieder was rum, trinken einen Kaffee, und ich werde zu einem Internetcafe gelotst. Dort verabrede ich mich zum Treffen nach einer Stunde. Doch nach dieser Stunde kommt Alex nicht wieder.. wer weiss, was passiert ist. Anyway, als ich so dastehe und warte, werde ich von verschiedenen Leuten angesprochen, u.a. von einer netten Familie aus der Stadt. Die Tochter (Julia) spricht gut englisch, und bald werde ich eingeladen zum Essen und zur Uebernachtung in deren Haus.
Dort angekommen dauert es nicht lange bis Nachbarn und Freunde erscheinen. Die Muetter bereitet das Essen vor (Omul - Fisch aus dem Baikalsee, und Pelmeni - Fleischtaschen mit Sosse), waehrend die Maenner draussen rauchen und ueber Reifen, Autos und Motorraeder erzaehlen.
Nach dem Essen packe ich wieder meine Bilder aus, und alle freuen sich ueber die Geschichten von der Reise. Nee, is dat schoen... nach dem 7. Vodka werden die Augen glasig, und ich erweitere mein Dictionnary um einige Worte.
06. August 2008 Camp 2008-08-06
Am Morgen regnet es ein bisschen, doch Julia und ich verbringen die Zeit mit Schwaetzchen beim (langen) Fruehstueck. Gegen 11 wird's trocken und bei einem schweren Abschied geht's auch schon wieder auf die Strasse. Der Himmel ist verhangen und nach allem, was ich bisher gehoert habe, ist der Baikal-See mittlerweile so verdreckt, dass es nicht mehr lohnt hinzufahren. Die weniger verdreckten Stellen sind schwer zugaenglich und beim Regen moechte ich nicht lange fahren. Ich bin ueberzeugt, dass, wenn ich dort ankomme, ich sagen werde: "hmm, noch ein See... toll...". Also beschliesse ich Zeit zu gewinnen und direkt in die Mongolei zu fahren. Die Grenze dauert, organisationsbedingt, wieder ihre Zeit. Doch relativ schmerzfrei komme ich raus aus Russland. Die Mongolische Grenze ist voellig entspannt und erwartungsgemaess brauche ich kein Visum. Nach weiteren 200 Kilometern fahre ich querfeldein zu den Huegeln und finde eine wunderbare Steppenlandschaft vor. Hier gefaellt's mir und ich schlage mein Zelt auf. Der Wind haelt die Fliegen und Muecken ab, und ich sitze eine Weile nur so da und bewundere die Gegend. An der Grenze hatte ich einkaufen koennen, und so waren meine Boxen voller Lebensmittel und Wasser.
07. August 2008 Camp 2008-08-07
Ich wache auf, als die Regentropfen auf meinem Zeltdach lauter werden. Der Himmel ist verhangen, und es sieht aus, als wenn es den ganzen tag so bleiben wird. Finde ich irgendwie nicht schlimm... bei den Regenpausen lade ich "Jim" wieder auf und kann den ganzen Tag mit lesen und Filme gucken verbringen (Zum Glueck habe ich einen ganzen Vorrat mitgenommen). Gegen spaeten Nachmittag klaert der Himmel auf, und ich bewundere die Abendbeleuchtung in den Steppen und Bergen. Jede Menge Fotos mache ich, doch so wirklich bringen diese die Wirklichkeit nicht nahe. Mein Kocher leistet wieder gute Dienste mit meinen gewohnten Nudeln, Sosse und eingemachtem Fleisch. Diese Gegend ist einfach traumhaft.
08. August 2008 Ulan Baatar
Das Wetter ist wie erwartet prima und ich starte den Restweg nach Ulan Baatar gegen Mittag. Die geteerte Strasse wird ziemlich staubig unterbrochen fuer nur 2 Kilometer. Es geht quer durch die Stadt bis zum allseits bekannten "Oasis Gasthaus". Sehr deutlich wird mir klar, dass diese Stadt so ziemlich die haesslichste Stadt ist, die ich je gesehen habe. Der Verkehr ist chaotisch mit unvorhersehbarem Verkehrsverhalten. In Kairo habe wenigstens einen gewissen Fluss erkennen koennen, doch hier? Anyway, das Gasthaus ist wirklich eine Oase in dieser Gegend, wo hauptsaechlich der Staub regiert. Als ich ankomme, sind ausser mir noch 13 andere Motorraeder am Platz, und ich schliesse schnell Kontakt. Sybille und Rene erklaeren schnell die Gegebenheiten und schon habe ich ein Bett in einer der 6 "Gers" zusammen mit 4 anderen deutschen Tourern.
Des Abends ziehen wir in einen Irish Pub mit Grossbildleinwand um die Eroeffnungsfeier von Peking mitzuerleben. Waehrend ich mit zwei netten Koreanerinnen erzaehle, wird die hollaendische Truppe vom Vodkaherstellerinhaber mit Vodka abgefuellt. Der Chauffeur faehrt uns die 5 Kilometer zurueck.
09. August 2008 Ulan Baatar
Der Morgen faengt entspannt an mit einem "Continental Breakfast". Die Geschehnisse von gestern Abend werden in der Gruppe besprochen, und es machen sich einige auf den Weg... mein Plan steht fest fuer die naechsten Tage: heute und morgen verbringe ich am Rechner und im Internet. Dabei triggere ich schon mal mein naechstes Einladungsschreiben fuer Russland und am Montag hoffentlich zur russischen Botschaft. Waehrend der Visa-Wartezeit hoffe ich auf einen Mitfahrer fuer ein bisschen hardcore-offroad Richtung Westen. Der Tag bleibt ruhig. Es verabschieden sich wieder einige und einige kommen wieder. In unserem Ger erzaehlen Thomas (Berlin), Jens (Stuttgart) und ich bis zum Heia machen.
10. August 2008 Ulan Baatar
Ein Morgen wie er mir gefaellt.. mit 6 Mann sitzen wir rum und philosophieren. Wir tauschen unsere Erfahrungen aus und driften ab in tiefere Gespraeche. Alle Plaene von Jederman werden vergessen und der Tag vergeht bis zum Mittag. Dann endlich finde ich Zeit hier weiterzumachen. Jetzt bin ich so weit und wandere gleich zum Internet.. doch vorher muss ich Bilder formatieren...

maat et Juht, bis bald
dae leeven Jung

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hi Mike,
schön mal wieder was von dir zu hoeren. Aber muss es denn direkt so viel sein :-))
Ich weiss garnicht wo ich zuerst einen Komentar zu stellen soll. Mehr zu Japan oder doch Russland. Interessant fand ich allerdings die Geschichte mit dem Motoradunfall in Russland.
"Did you see what happened." Das stell ich mir echt krass vor. Zum Glück bist du noch heile.
Dann werden wir dich noch dieses Jahr Zuhause begrüßen können. Ich freu mich schon dich wieder zu sehen.

Gruß aus Kerpen
Meyer

Ps. Die Uzzi steht dir nicht wirklich.

Anonym hat gesagt…

Michael, habe Dir eine mail geschickt, schau mal bei den gaijin riders vorbei!!

Klasse Bericht - wuensch Dir gute Fahrt,

Klaus

BigAl hat gesagt…

Was für ein ein Wahnsinnsding, was du da abziehst. Wirklich Respekt! Habe es gestern Abend entdeckt und alles durchgelesen. Schade, daß ich dich in Japan verpasst habe.

Gruß Alex

Jeans hat gesagt…

Hi Mike,

Du hast hoffentlich den Mongolei-kampf heil ueberstanden! Wir Zwee Beede haben grade zum ersten Mal Deinen Blog "getriggert". Wir konnten immer wieder lachen, vor Allem bei den Geschichten, die wir von Dir persoenlich schon kannten. War cool, Dich getroffen zu haben! Wir hoffen, das naechste Mal wird in Koelle sin!
Behalte immer die Gummi-Seite unten!!
Tom und Jens aus dem Oasis, inzwischen in Vladivostok!

Anonym hat gesagt…

Dieser Artikel war sehr interessant, zumal ich für Gedanken Benutzer zu diesem Thema am vergangenen Donnerstag.

Anonym hat gesagt…

Ah! ich endlich das gefunden was ich gesucht habe. Manchmal dauert es so viel Mühe, um auch kleine nützliche Information zu finden.